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Fachstelle Studium und Behinderung

Glossar

Nachfolgend finden Sie die Definitionen der wichtigsten Begriffe für die Arbeit der FSB.

1. Was ist eine Behinderung? (sozialer Behinderungsbegriff)

Der soziale Behinderungsbegriff betrachtet Behinderung als Ergebnis einer Gesellschaft, welche die Besonderheiten ihrer Mitglieder nur unzulänglich berücksichtigt. Der Begriff entstand als Reaktion auf das mittlerweile als veraltet geltende medizinische Modell, welches die Behinderung innerhalb der betroffenen Person verortet. Der Umgang mit Behinderung, der aus dem medizinischen Modell folgt, setzt sich längerfristig die Heilung der Person oder zumindest deren Eingliederung in eine Gesellschaft zum Ziel, welche den Standards der „Gesunden“ entspricht.

Das soziale Modell hingegen verortet die Behinderung ausserhalb der Person (in ihrer Umwelt), verwirft die Heilung als Ideal und setzt vielmehr auf die Beseitigung physischer und sozialer, einstellungsbedingter Barrieren. Es ist demnach nicht die Aufgabe von Menschen mit Behinderung, die eigene Situation zu „überwinden“, sondern die Aufgabe der Gesellschaft, Umwelten und Dienstleistungen so anzupassen, dass Menschen mit Behinderung eine volle und gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht wird.

Als illustratives Beispiel kann eine Person im Rollstuhl dienen, welche am Eingang eines Universitätsgebäudes auf Treppen trifft. Gemäss des medizinischen Ansatzes entsteht die Behinderung durch die Mobilitätsbeeinträchtigung. Der soziale Ansatz sieht jedoch die Barriere (hier: fehlende Rampe) als Ursache für die Behinderung. Schliesslich würde die Rampe sicherstellen, dass die genannte Person beim Zugang zu den Universitätsstrukturen nicht behindert wird.

Die Fachstelle Studium und Behinderung der Universität Zürich orientiert sich bei ihrer Arbeit unter anderem an den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (von der Schweiz am 15.4.2014 ratifiziert), welche die medizinisch-defizitorientierte Betrachtungsweise von Behinderung unmissverständlich verworfen hat.

Folgendes Video verdeutlicht noch einmal die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Behinderungsbegriffe:

Social Model of Disability

2. Was ist eine Barriere?

Barrieren sind (vorhandene oder fehlende) Faktoren in der Umwelt einer Person, welche die Funktionsfähigkeit einschränken und Behinderung schaffen. Diese umfassen insbesondere Aspekte wie Unzugänglichkeit der materiellen Umwelt, mangelnde Verfügbarkeit relevanter Hilfstechnologie, negative Einstellungen der Menschen zu Behinderung, sowie Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze, die entweder fehlen oder die verhindern, dass alle Menschen mit Gesundheitsproblemen in alle Lebensbereiche einbezogen werden. Barrieren können als „Ausschlussmechanismen“ betrachtet werden.

3. Was ist Barrierefreiheit?

Der Begriff der Barrierefreiheit ist als Vision zu sehen. Es wird sehr schwer oder auch gar nicht gelingen, jedwede hemmenden Umweltfaktoren für alle Menschen in allen Situationen zu beseitigen. Im Wissen hierum wird auch der Begriff „Barrierearmut“ genutzt. Die zu Tage tretenden und beeinflussbaren Barrieren sollen soweit abgebaut sein, dass effektive und potenzielle Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung im Studium vermieden werden. Dabei geht es nicht um «Bevorzugung» einzelner Personen oder Gruppen, sondern um Gleichstellung. Ziel ist, dass alle Angehörigen der UZH einen Beitrag zur akademischen Exzellenz leisten und Ihre Perspektive gleichberechtigt einbringen können.

4. Welche Ursachen haben Barrieren?

Barrieren entstehen in den wenigsten Fällen «absichtlich». Oftmals fehlt es an Sensibilisierung bzw. den notwendigen Kenntnissen über die Bedarfe von Menschen mit Behinderung. Zudem werden universitäre Bildungsangebote oftmals auf „Normalstudent:innen“, die nicht behindert sind, bezogen und an deren Leistungsfähigkeit ausgerichtet. Bei der Einführung neuer Angebote kann z.B. mit dem Ansatz des „Design for all“ proaktiv vermieden werden, dass neue Barrieren entstehen.

5. Was bedeutet „Nachteilsausgleich“?

Der verbindlichste und konkreteste Zugang zur Verminderung bzw. Beseitigung von Barrieren (= Ausschlussmechanismen). Ist eine „qualifizierte, explizite Ungleichbehandlung“ und stellt meist eine Art Sonderlösung dar. Wird offiziell beantragt und bewilligt. Beispiele für Nachteilsausgleiche sind:

  • Zusätzliche Bearbeitungszeit bei Prüfungen
  • Einsatz von Hilfsmitteln bei Prüfungen (z.B. Laptop oder Bildschirmlupe)
  • Absolvieren von Prüfungen in reizreduzierter Umgebung
  • Ersatz eines Leistungsnachweises durch einen anderen (z.B. schriftliche statt mündliche Prüfung für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung)

Student:innen mit Behinderung müssen dieselben Lernziele erreichen und dieselben Kompetenzen erwerben wie ihre nichtbehinderten Mitstudent:innen. Die Gewährung von Nachteilsausgleichen ermöglicht es, dass alle Studierenden Prüfungen mit derselben Aussicht auf Erfolg absolvieren können.

Nachteilsausgleiche dürfen hierbei den Prüfungszweck nicht vereiteln, d.h. sie dürfen in keinem Zusammenhang mit Kompetenzen stehen, die durch die Prüfungen nachgewiesen werden sollen. Sie kommen zum Tragen, wenn Behinderungen oder chronische Krankheiten den Nachweis einer vorhandenen Befähigung erschweren.

Die Anzahl benötigter Nachteilsausgleiche kann durch die Förderung von Barrierefreiheit erheblich reduziert werden. Denn je weniger Barrieren in einer Umwelt vorhanden sind, desto weniger Nutzer:innen müssen durch Schaffung von Sonderlösungen stigmatisiert werden.

6. Welche Voraussetzungen braucht es für einen Nachteilsausgleich?

Folgende drei Voraussetzungen müssen für den Erhalt eines Nachteilsausgleichs erfüllt sein:

  1. Vorhandensein einer langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigung (Diagnose gemäß anerkannten Klassifikationssystemen).
  2. Aus der Beeinträchtigung resultieren konkrete Nachteile, falls Leistungsnachweise unter den vorgesehenen Bedingungen absolviert werden müssen (Wichtig: Eine bestimmte Diagnose stellt i.d.R. noch keinen bestimmten Nachteil dar).
  3. Nachteil steht in keinem Zusammenhang mit Fähigkeiten bzw. Kompetenzen, die durch aktuelle Prüfung nachgewiesen werden sollen.

Z.B. können bei Rechtschreibtests allfällige Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung i.d.R. nicht einfach durch eine Nichtbewertung der Rechtschreibung ausgeglichen werden, da dies dem spezifischen Prüfungszweck meist unmittelbar entgegensteht. Es kann jedoch u.U. eine zusätzliche Bearbeitungszeit zur Überprüfung/Korrektur des Geschriebenen gewährt werden.